Montag, 17. Juni 2013

Sich einen Helden ausleihen - auch sonntags kein Problem ;)

Wobei die Überschrift nicht so ganz stimmt. Denn eigentlich geht es sogar darum, sich sechs Helden auszuleihen. Und auch das geht völlig ohne Probleme. Doch diese Worte mögen dem einen oder der anderen nun ein wenig kryptisch vorkommen. Darum hier die Erklärung. Am Sonntag besuchte Ich, zusammen mit Filius Hendrik, einen Auftritt der hessischen Cover Rock Band Rent a Hero und diese Band besteht aus sechs Leuten und sie haben das englische Wort für Helden im Bandnamen. Ach so ja: Daß "rent" was mit Ausleihe zu tun hat, weiß spätestens seit "Rent a car" wohl auch der weniger im Englischen bewanderte. Capito?  

Kennengelernt, zumindest virtuell, habe Ich Rent a Hero über Tatjana, eine junge Frau aus unserem Ortsteil (mittlerweile im Raum Darmstadt lebend), deren Angetrauter, ebenfalls aus unserer näheren Umgebung stammend, als Gitarrist bei Rent a Hero auf der Bühne steht. Ein gutes Jahr lang klappte es einfach nicht, daß Ich mal einen Gig der Band besuchen konnte. Rent a Hero spielt überwiegend im Raum Frankfurt - Darmstadt - Hanau. Keine Weltreise, aber irgendwie kam eben immer etwas dazwischen.

Am Sonntag aber sollte es endlich einmal passen. Die fünf Jungs und das Mädel spielten beim Sommerfest einer Einrichtung für geistig Behinderte in Darmstadt. Und dieser Termin passte für mich prima. Also machten sich Hendrik und Ich am Morgen gemeinsam auf den Weg, damit wir um 11 Uhr, als das Fest und damit auch der Gig von Rent a Hero beginnen sollten, an Ort und Stelle sein würden. Wir fanden einen Parkplatz unmittelbar am Eingang zur Werkstätte und hörten schon beim Aussteigen aus dem Auto die ersten (Soundcheck) Töne von Life is a highway, einem flotten Country Rock Titel, den Rent a Hero kürzlich in einem Studio eingespielt  und ein wirklich gelungenes Video dazu erstellt hatten.  




Nachdem Tatjana an diesem Sonntag leider nicht vor Ort sein konnte, war Andy, ihr Mann, der einzige, den Hendrik und Ich kannten, hatten wir uns doch beim Avantasia Konzert zwei Monate zuvor in Fulda getroffen. Er winkte uns auch gleich von der Bühne aus zu. Kurz darauf kam er zu uns an den Stehtisch für einen ersten kurzen Small Talk. 

Der Festablauf unterlag einem strengen Zeitplan, Rent a Hero sollten dreimal je eine Stunde spielen (11 bis 12 Uhr, 13 bis14 Uhr, 15 bis 16 Uhr). Ihr erstes Set eröffneten sie gegen 11 Uhr 15. Zunächst stiegen sie mit einigen ruhigen Nummern ein. Sie wussten natürlich auch, daß sie an diesem Sonntag für ein schwieriges Publikum spielen sollten. Erstens Laufkundschaft, denn bei einem solchen Event herrscht zweitens natürlich ein ständiges kommen (zuerst einmal) und gehen (später dann). Doch auch als sie den Lautstärkeregler nach oben zogen, verwöhnten sie das Publikum mit einem satten, glasklaren Sound. Metallica's Powerballade Nothing else matters war einer der ersten Höhepunkte auf der Playlist. Apropos Sound: Ich habe es zum ersten Mal erlebt, daß ein Soundmixer seine Arbeit über ein iPad verrichtet. Warum auch nicht? In der heutigen Zeit ist eine App für ein Mischpult doch keine Utopie, sondern völlig selbstverständlich. Oder?

Nicht zu vergessen aber Stücke wie I love Rock'n'Roll von Joan Jett & the Blackhearts. Hier schlägt die große Stunde von Lisa, der ebenso hübschen wie stimmgewaltigen Sängerin der Helden. Während dieses ersten Sets hatte Lisa auch die ein oder andere Pause, in der sie nicht auf der Bühne stehen muß. Also kam sie auf Hendrik und mich zu und meinte "Ich stell mich einfach mal zu Euch". Aber natürlich doch, gerne. Ich nutzte die Gelegenheit und sprach sie auf das Life is a highway Video an und schon waren wir im Gespräch. "Hi, Ich bin die Lisa". Sollte es jemals irgendein Eis, welches man zum schmelzen hätte bringen sollen, gegeben haben, so war es mit dem ersten Moment geschmolzen. Zur Erinnerung: wir waren uns bis zu diesem Moment noch nie begegnet. Aber gleich auf einer Ebene. Sowas ist doch toll.



Nach diesem ersten Set kamen mit Andy, Silas und Rene drei weitere Heroes an unseren Bistro Tisch und es entwickelte sich ein ungezwungenes, humorig - lockeres Gespräch. Rent a Hero mussten ja nun eine Stunde Pause machen, denn in dieser Zeit wurde die ein oder andere Rede gehalten und anschließend gab es noch eine Tanzeinlage.

Um 13 Uhr starteten die Helden dann ihren zweiten Auftritt. Hier stand Lisa eindeutig im Mittelpunkt. Eine ganze Reihe von Liedern populärer Sängerinnen wie Adele, Avril Lavigne oder Alannah Myles wurden zum Besten gegeben. Teilweise singt Lisa auch Parts, die im Original von Männern gesungen werden. Darum stand sie fast permanent auf der Bühne und im Spotlight. Aber auch Silas, der männliche Leadvocalist von Rent a Hero, kommt nicht zu kurz. Lisa hatte Hendrik und mir schon vorab von Silas' Interpretation von Turn the Page (Metallica) vorgeschwärmt und sie sollte nicht zuviel versprochen haben. 

Daß bei einem Gig in einer Behinderten Einrichtung auch geistig Benachteiligte (ist die Bezeichnung okay?) zum Publikum gehören, versteht sich von selbst. Einige von ihnen standen vor der Bühne und gingen total in der Musik auf. Daraufhin bekamen sie von der Band aufblasbare Gitarren (Luftgitarren im wahrsten Sinne des Wortes) überreicht, woraufhin sie glückselig auf ihren Instrumenten mit den Musikern mitjammten. Andy schenkte einem von ihnen sogar noch ein Plektron (O - Ton:"Jetzt bin Ich pleite").



In diesem zweiten Set zeigten Rent a Hero mit drei unplugged Nummern ein weiteres Mal, daß sie auch feinfühlig können. Ob straight nach vorne gerockt oder auf die romantische Art - die Helden und ihre Heldin verstehen ihr Handwerk. Davon konnten wir uns an diesem sonnigen Tag in Darmstadt restlos überzeugen. Leider konnten wir uns den dritten Teil ihres Gigs nicht mehr reinziehen (zu gerne hätte Ich Life is a highway gehört), aber die Heroes haben am Sonntag ja nicht ihren letzten Auftritt gehabt. Demnächst gebe Ich mir mehr davon. Und dann abends...           

Hier geht es zum RaH Videoclip zu Life is a highway

Hier erleben wir Lisa und die Jungs mit Avril Lavigne's Nobody's home (von mir gefilmt)

Und hier Rent a Hero in Trio Besetzung mit Lisa, Silas und Andy


Montag, 10. Juni 2013

Von der April Frische zum Stuhlweichmacher - Werbung war auch schon mal besser

Los ging's am 3. November 1956. Damals sendete der Bayerische Rundfunk (BR) den ersten Werbespot im deutschen Fernsehen. Beworben wurde dabei das Waschmittel Persil. Persil? Da war doch was!? Na klar, der Persil Mann. Ein Seriosität ausstrahlender Mittvierziger, der in einem tristen Raum auf einem (Dreh)Stuhl saß und im Stile eines Nachrichtensprechers (ja, damals waren das noch Nachrichtensprecher und keine "Anchormen") den Deutschen, besonders aber den deutschen Hausfrauen, erklärte, warum gerade Persil die Wäsche nicht nur rein wäscht, sondern auch pflegt. Denn zur Körperpflege würde man ja auch keine Kernseife verwenden, sondern eine Seife, die zugleich reinigt UND pflegt. Und genauso verfahre Persil mit der Wäsche. Persil. Da weiß man, was man hat.

Oder Lenor. Ein Waschmittel, welches es schaffte, einen Werbeslogan auf einen einzigen Begriff zu beschränken: April Frische. Dieser Begriff entwickelte sich zu einem geflügelten Wort, so wie Jahre später Franz Beckenbauers "Ja, is' denn heut' scho' Weihnachten?" im Zuge einer Werbekampagne für den Mobilfunkanbieter e-plus.

Und natürlich Klementine. Gekleidet in ein weißes Hemd und eine weiße Latzhose mit einer - natürlich ebenso - weißen Mütze erklärte die Schauspielerin Johanna König den ahnungslosen deutschen Hausmütterchen, daß Ariel nicht nur zum Reinweichen gut ist, sondern auch bei 60° im Hauptwaschgang bunte Wäsche blitzblank sauber wäscht. Und wenn wir schon dabei sind: Wer erinnert sich nicht gerne an Frau Tilly? Genau, das war diejenige, heute würde man sagen: Naildesignerin, die schon vor über 30 Jahren das Geschirrspülmittel Palmolive in ihrem Pedi- und Maniküre Studio zur Hand hatte, um Kundinnen mit rauer Haut zu erklären, daß diese nicht sein müsse, wenn man (frau) mit Palmolive den Abwasch verrichte. Denn: Es pflegt die Hände schon beim Spülen. Zitat Frau Tilly: "Das haben Tests mit Hautärzten bewiesen." Das Wort dermatologisch benutzte man dabei nicht, der geneigte Fernsehzuschauer sollte / wollte ja schließlich nicht mit Wissenschaft erschlagen werden.

Warum Ich in diesen alten Zeiten schwelge? Aber das liegt doch auf der Hand. Damals war die Werbung noch für alle Zuschauer erträglich. Und verständlich. Der Blendax Anti Belag Test veranschaulichte an rötlich verfärbten Zähnen, daß  Zahnstein und Zahnbelag die Vorstufe zu Karies und Parodontose sein können. Und das, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben oder den Zuschauer mit zuviel fachchinesch zuzumüllen.

Okay, die ein oder andere Werbung war auch damals schon ein wenig "anders". Patentex Oval zum Beispiel. Was wußte Ich denn als kleiner Steppke, daß es sich dabei um ein Schaumzäpfchen zur vaginalen Verhütung handelte? Auch ein Slogan wie "Der Fortschritt in der Empfängnisverhütung" oder später "Sicher wie die Pille" ließ mich keinen tieferen Sinn erkennen. Wie jetzt Empfängnisverhütung? Oder Pille. Welche Pille denn? Ich kannte Pille nur als Doc an Bord des Raumschiff Enterprise. Aber Werbung wie diese war seinerzeit noch die Ausnahme.

Und heute? Heute lockt uns kein Werbefuzzi mehr mit April Frische hinter'm Ofen vor. Und man badet seine Hände auch nicht mehr im Spüli. Nein. Heute geht es um Deseo, Giprocol, Dulcolax oder Vagisan. Oder anders ausgedrückt: Erektionsstörungen, Stuhlweichmacher, Abführmittel oder Salben gegen Scheidenpilz stehen im Mittelpunkt der TV Commercials. Nicht nur die Kabarettistin Monika Gruber fragt sich da völlig zurecht: Warum muß Werbung heutzutage so rektal - lastig sein. Blasenschwäche, Blähungen und Flexiform Monatsbinden sind längst ständige Begleiter des geneigten Fernsehkonsumenten. Vor allem dann, wenn er sich hauptsächlich von den privaten TV Sendern zudröhnen läßt.

Nochmal zurück zu Monika Gruber. Sie führt als Beispiel an, wie sich zwei Freundinnen zum Kaffeeklatsch treffen und Person B auf die Frage von Person A nach dem allgemeinen Wohlbefinden antwortet, sie fühle sich ständig so aufgebläht. Also wenn ich zu Freunden komme und diese mich fragen, wie es mir geht, erzähl ich ihnen sicher nicht von meinen Flatulenzen. Und das Thema,ob man(n) noch einen hochkriegt oder nicht, gehört ins eheliche Schlafzimmer. Oder in die Urologen Praxis. Aber doch nicht ins Fernsehen!   

Oder ist die Gesellschaft im 21. Jahrhundert so krank und anfällig geworden, daß man ihr ständig einhämmern muß, daß sie nur noch dank Lefax, Canesten extra, Buscopan und Gingium forte im Stande ist, ihr jämmerliches Dasein auf diesem Planeten noch einige Zeit weiter zu fristen? 

Ja, Ich sehne mich nach einer 250 Meter langen Wäscheleine, die mit von Weißer Riese gereinigter Wäsche vollhängt. Ja, Ich will auch morgen noch kraftvoll zubeißen können. Ja, ich will sehen, wie sich "uns Uwe" eine gute Handvoll SIR Irish Moos auf die Wangen klatscht. Nein, der ständige Harndrang eines Midlifecrisis gebeutelten "Fuffzigers" interessiert mich nicht. Nein, Ich will nichts über Nagelpilz im Fernsehen aufgetischt bekommen, der soll sich dort entfalten, wo er hingehört. Am Fuß. Und schon gar nicht will ich von einer Journalistin hören, daß die Geschichte der Menstruation eine Geschichte voller Mißverständnisse ist. 

Gebt mir Gummibärchen im TV, gebt mir Musketiere, die sich auf ein frisch gezapftes Pils freuen und die schöne Bäckerin, die in einer Hütte mitten im Wald leckere Haselnußschnitten bäckt. Das will ich sehen. Fröhliche Menschen, die leckere Fruchtschnäpse kippen. Oder wenigstens Thomas Gottschalk als Mona Lisa. Das kann doch nicht zu viel verlangt sein...