Dienstag, 28. August 2012

Straw Rowing @ Burg Volmarstein

Straw Rowing @ Burg Volmarstein? Was soll das denn schon wieder sein? Was will der Autor dem geneigten Leser damit wohl sagen? Die Antwort ist so simpel wie einleuchtend: Straw Rowing @ Burg Volmarstein bedeutet das, was es bedeutet: Beim Irish Folk Festival auf der Burgruine hoch über der Ruhr in der Nähe der Stadt Wetter sitzt das Publikum nämlich auf Strohballen. Also auch Hendrik und Ich, die wir am Freitag Mittag die Reise ins Ruhrgebiet angetreten hatten.



Doch der Reihe nach. Im Herbst 2011 machte mich ein Bekannter auf dieses kleine aber feine Folk Festival aufmerksam, welches für seine sechste Auflage (es findet nur alle zwei Jahre statt) den schottischen Folkstar, Singer / Songwriter Dougie (gesprochen: Duugie, nicht Daggie) MacLean verpflichtet hatte. Nun mag der Name vielleicht nicht jedermann ein Begriff sein, doch MacLean schrieb vor vielen Jahren einen Song, von dessen Tantiemen er bis heute gut leben kann: Caledonia, eine Liebeserklärung an seine Heimat, gleichzeitig mein absolutes Lieblingsland: Schottland. Und die Chance, diesen Song mal im Original zu hören, wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Es sollte Dougie's erster Deutschland Gig nach 30 Jahren werden.

So bestellte Ich mir bereits im November '11 ein Festivalticket zum unschlagbar günstigen Early Bird Preis von sage und schreibe gerade mal 20.- €uro. Für zwei Tage wohlgemerkt. Doch auch der reguläre Preis von 30.- € (Abendkasse: 33.- €) dürfte für neun Bands an den beiden Tagen wohl nur schwerlich zu unterbieten sein.

Als Hendrik und Ich unser Pensionszimmer im Ortsteil Grundschöttel bezogen hatten, machten wir uns zu Fuß auf, den Ort zu erkunden und allmählich die Burg anzusteuern. Nachdem wir uns erstmal kräftig verlaufen hatten (wir waren den Parkplatz Schildern für das Festival gefolgt; Parkplätze waren allerdings quasi im ganzen Dorf ausgewiesen) kam uns die glorreiche Idee, die "Maps" Funktion unserer Smartphones zu nutzen. Plötzlich waren wir auf dem richtigen Weg und als wir etwa 50 Meter seitlich der Straße ein Schild "Fußweg zum Festival" entdeckten, waren wir uns sicher, in wenigen Augenblicken die Location erreicht zu haben. Doch Pustekuchen: nach einigen hundert Metern durch ein Waldstück, die Burg aus den Augenwinkeln heraus zur Linken immer im Blick, standen wir plötzlich wieder in einem Wohngebiet. Und Volmarstein ist, Rom nicht unähnlich, auf Hügeln erbaut. Das hat zur Folge,daß es mal bergab geht, mal bergauf.

Für Hendrik und mich ging es nun erstmal wieder bergauf, die sengende Sonne immer im Genick. Ja, und die Burg hatten wir nun nicht mehr im Augenwinkel. Dazu musste man den Kopf schon um wenigstens 135° drehen - wir entfernten uns also vom Festivalgelände. Da sah ich eine junge Frau aus einem der Häuser treten und fragte sie, ob dies denn der Fußweg zur Burg sei. Im Prinzip schon, meinte sie. Oha. 'Im Prinzip' bedeutet ja wohl nichts anderes , als daß dies schon der Weg sei, aaaaber....da müssten wir den Berg noch ein ganzes Stück weiter hochgehen und dann ginge es irgendwann mal so irgendwie da rüber. Das war zwar eine Antwort, doch nicht die, die Ich hatte hören wollen. Und plötzlich, so als hätte sie meine Gedanken gelesen, kam folgender Satz aus ihrem Munde: "Sie müssen aber jetzt nicht den ganzen Weg gehen, ich lasse Sie einfach durch unseren Garten, von dem kommen sie auf einen Parkplatz und dann ist es nicht mehr weit bis zur Burg."

Hömma, so musset sein. Denn tatsächlich war es vom Parkplatz bis zum Aufgang zur Burg nur noch ein Katzensprung. Als wir nun also dort ankamen, stiegen aus einem Taxi auf der anderen Straßenseite drei Menschen, von denen Ich zwei sogleich erkannte: Uwe und Swenja, pardon: Swenja und Uwe (so gehört es sich ja wohl). Die dritte Person war Andy, ein Kumpel der beiden. Zu fünft erklommen wir nun also die letzten Meter hinauf zur Burgruine und investierten ersteinmal in Impressionen. Und gleich darauf in Wertmarken, denn cash wird beim Festival nicht gezahlt. Stattdessen holt man sich sogenannte WMs, also Wertmarken, von denen eine jede 1,30 €uro wert ist. Die Preise für Speisen und Getränke sind dann auch in einsdreißiger Schritten gestaffelt: Antialkoholika und Apple Pie eine WM, Guinness, Kilkenny, Cider, Nacken - oder Putensteak 2 WM, Fish & Chips oder Irish Stew 3 Wertmarken, also 3,90 €. Und das isses dann auch schon. Teurer als dreineunzig wird hier nichts verkauft. Das nenne ich mal preiswert. 



Mittlerweile waren mit einem weiteren Uwe, Freddy und einem weiteren Andy drei weitere mir bekannte Folkies auf der Burg eingetroffen. Um Punkt acht eröffnete dann das Quartett Ten Pints After  musikalisch das Festival. Die vier Musiker lotsten das jetzt schon zahlreich vertretene Publikum sympathisch und stilsicher durch die vergangenen Jahrzehnte des Irish Folk, wobei sie kaum einen Meilenstein ausließen. Und plötzlich kündigten sie an, daß es jetzt mal noch weiter gen Norden gehen würde, nördlicher als Irland oder Schottland, nämlich nach Skandinavien. Wir trauten unseren Ohren kaum, als die Jungs Runrig's In Scandinavia anstimmten. Ein solches Stück hatte man in der Setlist von Ten Pints After dann doch nicht erwartet. Aber sie machten es nicht schlecht und so hatte der Song durchaus seine Daseinsberechtigung in ihrem Gesamtvortrag.

Nach einer kurzen Umbaupause enternten dann In Search Of A Rose die Bühne. Der eher romantisch angelegte Bandname führt allerdings in die Irre, denn hier geht die Folk Post so richtig ab. Im Stil etwa mit Fiddler's Green vergleichbar, rockten die sechs Jungs und das geigende und flötende Mädel die Bühne und schafften es immer wieder, den nun leicht einsetzenden Regen via "Hitzeschild", also flotten Rhythmen, zurückzudrängen. Naja, so ganz konnten sie die Tränen des Himmels (was bin Ich wieder für ein Poet...) nicht auf Distanz halten, oder wie Uwe B. es nannte: "Der Hitzeschild wirkte nur partiell." War vielleicht eine noch nicht ganz ausgereifte Beta Version.

Jedenfalls öffnete Petrus kurz vor dem Ende des Gigs seine Schleusen ganz. Auch die Zuflucht unter einen dicht beblätterten Kastanienbaum erwies sich nun als Makulatur. Also dann, nichts wie so schnell als möglich runter ins Dorf, um sich a) irgendwo unterzustellen und b) das Feld nach Bussen oder Taxen zu sondieren. Kurz vor Mitternacht. Sag mir ein Kaff, wo um diese Zeit noch ein Bus fährt. Doch die kommunalen Taxiunternehmen wissen, daß die zwei Festivaltage neben Silvester die beste Einnahmequelle in Volmarstein darstellen. Und so schafften es auch Hendrik und Ich endlich, eine Taxe zu ergattern, die uns über einen Umweg (soviel Ortskenntnis hatten wir uns zwischenzeitlich schon angeeignet) zurück zu unserem Gästezimmer und somit ins Trockene beförderte.

Am Samstag Morgen gingen wir beide dann erst einmal einkaufen. Der örtliche Rewe Markt versorgte uns mit Brötchen, Wurst, Käse und diversen Getränken und nach dem Frühstück machten wir uns auf, vielleicht doch einen anderen Weg zur Burg zu finden. Aber nee, is nich. Man muß immer wieder rauf und immer wieder runter, wenn man zur Burg möchte. Und außenrum, weil: einen Zwischenweg gibt es nicht.

Danach machten wir uns auf in die Stadt Wetter und bogen dort zum Harkort See ab. Ein Eis auf die Hand und dann ein wenig am Wasser entlang geschlendert. Dort trafen wir dann auch auf Swenja, Uwe B. und Andy, die hier im Ort eine Ferienwohnung angemietet hatten. Mit Seeblick.

Allmählich wurde es Zeit, nach Volmarstein zurückzukehren, um sich für den zweiten, den finalen Tag des Festivals, fertigzumachen. Diesmal nahmen wir den Bus und trafen kurz vor der Burg zum einen Freddy, heute ohne Andy, und zum anderen Dougie MacLean, der ein wenig durch den Ort flanierte und sich an den prächtigen Fachwerkfassaden der alten Häuser erfreute. 

Kaum auf der Burg kamen auch schon Uwe K. sowie  Swenja und ihre Bodyguards. Und alsbald trafen noch mehr Freunde ein: Barbara und Klaus, Andrea und Axel. Und natürlich Helga und Hanno. Die beiden traf ich zum allerersten Mal "in echt", doch via Internet hatten wir uns schon öfter ausgetauscht. dann waren da auch noch Daniela und Holger, Freunde von Barbara und Klaus, Anja und Uli, Alexandra mit Begleitung. Ein ganz schöner Auflauf an bekannten Gesichtern also.


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Und als das Live Musik Programm lief, stand plötzlich Dougie unter uns. Und was soll ich sagen: selbst jemand wie er, der so wunderschöne Songs schreibt, hat Schuppen, wie ich auf den Schultern und dem Rücken seines schwarzen Jackets eindeutig feststellen konnte. Was ihn nur umso menschlicher macht. Und das, obwohl er wirklich völlig ohne diese Ich-bin-der-Star-den-ihr-anhimmelt-Attitüde auskommt, also von Haus aus schon sowas von normal ist.

Zum Billing des Samstags sei gesagt, daß hier hochkarätige, mit excellenten MusikerInnen besetzte Bands am Werke waren. Doch ein wenig Abwechslung hätte dem Programm gut getan. Denn sehr viel lief an diesem Tag über die instrumentale Schiene, was bisweilen etwas langatmig wirkte. Hier hätte zwischendurch eine ähnlich rockig - freche Band wie am Vortag ISOAR dem ganzen Ablauf ein wenig Frische beschert. 

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Musikalisch und handwerklich war das alles hohes Niveau. Seien es das Trio The O'Reillys oder das Quartett Nua (jeweils aus Deutschland), die slowakische Formation Irish Rose, die aus zwei Schotten und einem Iren bestehende 
Brendan McCreanor Band  oder Irland's neue Folk Superstars Full Set. Sie alle waren für sich genommen top, wobei sich Full Set wohl besonders in die Herzen des Publikums spielten, was zum Teil auch an ihren humorigen Ansagen gelegen haben dürfte. Sie machten ein Foto von der Bühne herab ins Publikum, welches sie später auf facebook hochluden, damit sich ein jeder dort selbst markieren konnte. Das taten auch viele, wie sich auf dem Pic mittlerweile feststellen läßt.



Zwischen Full Set und Dougie MacLean hatte der Festival Gott noch eine Verlosung eingeplant. Irland / Folk Pakete waren ausgelobt worden mit Kaffeetasse, drei CDs, Irland Postkarten, zwei Folker- und einem Irland Magazin etc. Und als zweiten Gewinnernamen rief Moderator Keith Bailey den meinigen auf. Eine nette Zugabe.

Endlich war es dann soweit. Dougie MacLean betrat die Bühne und startete mit "Feel so near" gleich prominent in sein Set. Dougie ermunterte die Fans nicht nur zum mitsingen, sondern brachte ihnen auch die Refrains seiner Songs bei. Man fühlte sich ein wenig in die eigene Schulzeit versetzt, als man nach dem "listen and repeat" Modell gemeinsam Vokabeln und Sätze lernte. Dougie bewies dabei, daß man sich selbst gar nicht so ernst nehmen muß, um als Singer / Songwriter zu überzeugen. Manchmal fühlte ich mich ein wenig an Fredl Fesl erinnert. Nicht, daß Dougie sein Publikum in perfektem bayrisch angesprochen hätte, doch bevor er einen Song spielte, erklärte er ihn zunächst ausführlich - manchmal floß dabei sogar ein wenig deutsch mit ein. Caledonia sollte an diesem Abend der einzige Song sein, welchen er "einfach so", ohne große Vor- und Zwischenreden, spielte. Ein Indiz dafür, welchen Stellenwert er wohl auch selbst diesem großartigen Lied beimißt.



Nach seinem Gig setzte das große Aufbrechen ein. Auch Hendrik und Ich hatten für uns entschieden, sich nun in die Pension zurückzuziehen. Helga und Hanno hatten sich freundlicherweise bereit erklärt, uns mit dem Wagen dorthin zu fahren (vielen Dank nochmal dafür!!!), so ließen wir den Auftritt der Rausschmeißer von Bachelors Walk (Irl / D) aus.

Im Gegensatz zum Freitag war es am Samstag komplett trocken geblieben. Dafür regnete es am Sonntag früh, als wir uns gegen halb zehn auf den Rückweg in den Spessart machten. Doch die Autobahn war weitestgehend frei und so erreichten wir um kurz nach 12 Uhr wieder heimische Gefilde. Im Gepäck viele schöne Momente mit lieben Freunden und wunderbarer Musik. Der Trip ins Ruhrgebiet hatte sich wirklich gelohnt.         

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